Als jemand, der seit über 20 Jahren die digitale Marketingwelt beobachtet, habe ich viele Hypes kommen und gehen sehen. Aber die aktuelle Welle der künstlichen Intelligenz, insbesondere der großen Sprachmodelle (Large Language Models, LLMs) wie ChatGPT, Gemini und Co., ist kein kurzlebiger Trend. Sie verändert fundamental, wie Informationen gefunden, verarbeitet und konsumiert werden. Für uns als Website-Betreiber und Marketingverantwortliche bedeutet das: Wir müssen unsere Inhalte nicht mehr nur für Google-Crawler, sondern auch für KIs aufbereiten.
Genau hier kommt ein neuer, spannender Standard ins Spiel: die LLMS.txt. Wenn du jetzt an die altbekannte robots.txt denkst, liegst du zwar thematisch richtig, aber der Teufel steckt im Detail. Lass uns gemeinsam beleuchten, warum diese neue Datei eine strategische Chance für deine Sichtbarkeit im KI-Zeitalter ist.
Was ist eine LLMS.txt und warum wird sie plötzlich so wichtig?
Stell dir vor, du hast ein exzellentes Restaurant. Die robots.txt wäre der Türsteher, der bestimmten Gästen (Crawlern) sagt, welche Bereiche sie betreten dürfen und welche nicht (z.B. die Küche oder das Lager).
Die LLMS.txt hingegen ist deine sorgfältig kuratierte Speisekarte. Du überreichst sie direkt den wichtigsten Gästen – in diesem Fall den KIs – und sagst: „Schau her, das sind unsere Spezialitäten. Das ist der Content, für den wir bekannt sind und der dir den größten Mehrwert bietet.“
Technisch ausgedrückt ist die llms.txt eine einfache Textdatei im Markdown-Format, die im Stammverzeichnis (Root) deiner Website liegt (also unter deinedomain.de/llms.txt). Ihr Ziel ist es, Sprachmodellen eine gezielte, leicht verständliche und aufbereitete Übersicht über die wichtigsten Inhalte und Ressourcen deiner Website zu geben. Statt die KI durch tausende von Unterseiten zu schicken, gibst du ihr eine Abkürzung zu deinem besten Wissen.
Der entscheidende Unterschied zur robots.txt: Wegweiser statt Verbotsschild
Hier wird es spannend, und dein Einwand ist absolut berechtigt: Ist die robots.txt mit ihrem Verweis auf die Sitemap nicht auch eine Art „Landkarte“? Ja, das stimmt! Sie kann Crawlern den Weg zur Sitemap weisen. Der entscheidende Unterschied liegt aber im grundlegenden Zweck und Fokus der beiden Dateien.
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Die robots.txt ist primär ein Kontrollinstrument. Ihr Kernzweck ist es, Regeln aufzustellen (Disallow, Allow). Sie wurde erfunden, um Server vor Überlastung zu schützen und Bereiche auszuschließen. Der Sitemap-Eintrag ist eine nützliche Zusatzfunktion, aber nicht ihr Hauptjob. Sie ist wie ein Bauplan des Gebäudes: Sie zeigt alle Räume, auch die verschlossenen.
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Die LLMS.txt ist ein reines Empfehlungsinstrument. Ihr einziger Zweck ist es, proaktiv zu führen und zu kuratieren. Sie enthält keine Verbote. Du zeigst der KI nicht den kompletten Bauplan, sondern gibst ihr eine exklusive Führung zu den Meisterwerken deiner Ausstellung.
So lässt es sich am besten unterscheiden:
Merkmal | robots.txt | LLMS.txt |
Primärer Zweck | Kontrolle & Ausschluss: Verbietet oder erlaubt den Zugriff. Ein technisches Regelwerk. |
Anleitung & Empfehlung: Weist proaktiv auf die wertvollsten und relevantesten Inhalte hin. Ein kuratierter Guide.
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Zielgruppe | Klassische Suchmaschinen-Crawler (z.B. Googlebot, Bingbot). |
Große Sprachmodelle (LLMs) (z.B. ChatGPT, Gemini, Perplexity).
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Format | Einfache Textdatei mit spezifischen Befehlen (Disallow, Allow, Sitemap). |
Markdown-Datei, die für Mensch und Maschine leicht lesbar ist und Kontext bietet.
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Analogie | 🔑 Ein Schlüsselbund mit Zutrittsregeln für das gesamte Gebäude. |
🗺️ Eine exklusive Schatzkarte, die direkt zu den Goldtruhen führt.
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Du brauchst also beides: die robots.txt für die technische Steuerung der Crawler und die LLMS.txt für die strategische Führung der KIs.
Gibt es dafür schon WordPress-Plugins? 🧐
Ja, die Community hat die Relevanz erkannt und bereits erste praktische Helfer entwickelt. Für die meisten von uns, die auf WordPress setzen, ist das eine hervorragende Nachricht. Du musst die Datei nicht manuell erstellen und pflegen.
Hier sind einige Plugins, die dir die Arbeit abnehmen:
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LLMs.txt Generator: Ein populäres und einfach zu bedienendes Plugin, das eine llms.txt automatisch für deine Seite generiert. Du findest es im offiziellen WordPress-Plugin-Verzeichnis.
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Advanced LLMs.txt Generator: Bietet erweiterte Funktionen und mehr Kontrolle darüber, welche Inhaltstypen (Posts, Pages, Custom Post Types) in die Datei aufgenommen werden sollen.
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LLMs.txt for WP (auf GitHub): Eine weitere Open-Source-Alternative für Nutzer, die eine flexible und anpassbare Lösung suchen.
Diese Tools integrieren sich oft sogar mit SEO-Plugins wie Yoast oder Rank Math, um beispielsweise als noindex markierte Seiten automatisch auszuschließen.
Worauf du bei deiner LLMS.txt achten solltest (Best Practices)
Eine gute LLMS.txt ist mehr als nur eine Linkliste. Betrachte sie als deine digitale Visitenkarte für künstliche Intelligenzen.
✅ Checkliste für deine optimale LLMS.txt:
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Der richtige Ort: Die Datei muss llms.txt heißen und im Root-Verzeichnis deiner Domain liegen.
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Markdown nutzen: Strukturiere die Datei lesbar mit Überschriften (#), Aufzählungen (–) und beschreibenden Link-Texten.
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Qualität vor Quantität: Liste nicht alles auf! Konzentriere dich auf deine 10-30 wichtigsten „Evergreen“-Inhalte, grundlegenden Ratgeber, Kernproduktseiten und die „Über uns“-Seite.
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Nur kanonische URLs: Vermeide URLs mit Parametern oder Duplikate. Jede URL sollte die primäre, „saubere“ Version sein.
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Kontext geben: Starte die Datei mit dem Namen deiner Website und einer kurzen Beschreibung (1-2 Sätze). Das hilft der KI, deine Entität zu verstehen.
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Vertrauen aufbauen: Füge Kontaktinformationen oder einen Link zum Impressum/Kontaktbereich hinzu.
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Regelmäßige Pflege: Aktualisiere die Datei quartalsweise oder wenn du neue, herausragende Inhalte veröffentlicht hast.
❌ Was nicht hineingehört:
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Dünner Content: Kurze Blogposts ohne Tiefgang.
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Marketing-Landingpages: Reine Verkaufsseiten ohne informativen Mehrwert.
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Bezahl-Content: Seiten, die hinter einer Paywall liegen.
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Verzeichnisse: Tag- oder Kategorie-Übersichtsseiten.
Deine brennendsten Fragen zur LLMS.txt (verständlich beantwortet)
Zum Abschluss beantworten wir noch einige Fragen, die du dir jetzt sicher stellst:
„Muss ich jetzt sofort eine LLMS.txt für meine Website haben?“
Nein, es ist aktuell keine Pflicht, sondern ein vorgeschlagener Standard. Aber es ist eine strategische Empfehlung. Wenn du frühzeitig dabei bist, signalisierst du KI-Systemen: „Meine Inhalte sind hochwertig und für dich aufbereitet.“ Das kann ein echter Wettbewerbsvorteil sein, bevor es alle machen.
„Lohnt sich der Aufwand überhaupt? Lesen KIs meine LLMS.txt wirklich?“
Die Unterstützung wächst, aber es gibt noch keine Garantie, dass jedes LLM diesen Standard sofort und vollumfänglich adaptiert. Sieh es als Investition in die Zukunft: Du baust eine Brücke für die KIs von morgen und zeigst den Entwicklern, dass du bereit bist. Das ist ein starkes Signal.
„Was bringt mir das ganz konkret für mein Google-Ranking und meine Sichtbarkeit?“
Indirekt kann eine gute LLMS.txt dein SEO positiv beeinflussen. Wenn deine Inhalte von KIs als qualitativ hochwertig eingestuft und in KI-gestützten Suchantworten (wie bei Google SGE oder Perplexity) zitiert werden, steigert das deine Autorität und Sichtbarkeit. Das ist ein wichtiger Teil der Generative Engine Optimization (GEO) – der Optimierung für die neue KI-Suche.
„Kann ich mit der LLMS.txt auch verhindern, dass meine Inhalte für KI-Training geklaut werden?“
Nein, dafür ist sie nicht das richtige Werkzeug. Die LLMS.txt ist ein positiver Wegweiser. Das Verbot der Nutzung für Trainingsdaten steuerst du in der Regel über die robots.txt (z.B. durch das Blockieren von Bots wie GPTBot) oder andere technische Signale. Die beiden Dateien ergänzen sich hier also perfekt.
Dein Fazit: Mach deine Website fit für die Zukunft der Suche
Die LLMS.txt ist ein kleines, aber mächtiges Werkzeug in deinem Marketing-Arsenal. Sie erfordert minimalen Aufwand, besonders mit den passenden Plugins, bietet dir aber die große Chance, die Kontrolle über die Darstellung deiner Marke im KI-Zeitalter zu behalten.
Sieh es nicht als technische Pflichtübung, sondern als strategischen Schritt. Indem du KIs proaktiv deine besten Inhalte auf dem Silbertablett servierst, erhöhst du die Wahrscheinlichkeit, als vertrauenswürdige und kompetente Quelle wahrgenommen und zitiert zu werden. Und das ist und bleibt das ultimative Ziel jeder guten Content-Strategie.